Am Ende fehlte die Kraft: TSB-Serie reißt beim Abstiegskandidaten

Der TSB Gmünd kassiert so viele Gegentore wie bislang noch nie in dieser Saison und verpasst es, den Abstand zu den Spitzenplätzen weiter zu verringern. Zusätzlich geschwächt durch den frühen Platzverweis gegen Nicola Rascher unterliegt das ohnehin schon stark gebeutelte Oprea-Team mit 32:37 (16:18) beim TuS Steißlingen.

 
Es bleibt dabei: Gegen den TuS Steißlingen kann der TSB Gmünd nicht gewinnen. Auch das vierte Aufeinandertreffen mit dem Team aus der Bodenseeregion verließen die „Jets“ mit leeren Händen und noch dazu mit der ersten Niederlage seit dem 11.Dezember. Dennoch wollte der Trainer die positiven Aspekte hervorzuheben. „Trotz unserer extrem dünnen Personaldecke werfen wir auswärts 32 Tore, unser Tempo nach vorne war gut“, befand Dragoș Oprea: „Deshalb will ich überhaupt nicht schimpfen. Ich bin stolz, wie engagiert sich die Jungs über 60 Minuten präsentiert haben.“ Denn während sich Abstiegskandidat Steißlingen im Aufwind befindet und den fünften Sieg im sechsten Spiel seit dem Jahreswechsel verbuchen konnte, gehen die tabellarisch favorisierten Gmünder derzeit sprichwörtlich am Stock. Zur ohnehin schon langen Ausfallliste gesellte sich kurzfristig nämlich auch noch Abwehrchef Christian Waibel. Ohne vier Stammkräfte fehlte dem TSB am Samstagabend die gewohnte Stabilität in der Abwehr, zumal auch Tormann Daniel Mühleisen einen rabenschwarzen Tag erwischt hatte. Trotzdem ist Oprea überzeugt, dass „wir das Spiel mit ein bisschen Glück hätten gewinnen können.“
 
Die Schlüsselszene aus Gmünder Sicht war die 18.Minute. Nicola Rascher traf seinen Gegenspieler beim Abwehrversuch mit der Hand ins Gesicht. Der Top-Torjäger des TSB (102 Saisontore) wurde mit der Roten Karte direkt vom Feld gestellt. Für Oprea „eine der wenigen richtigen Entscheidungen“ des schwachen Schiedsrichtergespanns, doch er stellt auch klar: „Wir haben sicher nicht wegen den Unparteiischen verloren.“ Den frühen Nackenschlag allerdings konnten die personell schwer gebeutelten Gäste kaum noch verkraften. „Auf so eine Mega-Notsituation waren wir nicht vorbereitet“, gesteht der Trainer. Denn ohne Waibel und Nicola Rascher fehlte dem TSB das Herzstück seiner Defensive, stattdessen bildeten Stephan Mühleisen und Marian Rascher einen improvisierten Mittelblock: „Obwohl wir das nicht trainiert haben, haben sich beide in dieser Rolle voll hereingeworfen und ihr Bestes gegeben. Doch wir hatten keine adäquate Wechselmöglichkeit mehr.“
 
Rein kämpferisch mussten sich die Jets nichts vorwerfen lassen. Den frühen 0:2-Rückstand (3.) steckten sie ordentlich weg, da allen voran Patrick Watzl und Stephan Mühleisen ihre Wurfchancen konsequent verwerteten. Nach dem Platzverweis gegen Nicola Rascher sah es kurz danach aus, als würde der TSB den Zugriff auf das Spiel verlieren. Doch nach dem 9:12 (20.) brachten Marian Rascher und Watzl ihr Team schnell wieder auf Tuchfühlung. Die neue Rückraumachse sorgte sogar dafür, dass die Gmünder das Spiel kurzzeitig sogar drehten. Tom Abt erzielte den Ausgleich, Linkshänder Watzl mit dem 14:13 (24.) die erste, aber auch einzige Gästeführung. In diesem offenen Schlagabtausch fehlte in einigen Situationen das nötige Quäntchen Glück. Zum Leidwesen von Keeper Daniel Mühleisen verwandelten die Hausherren zwei Strafwürfe erst im Nachsetzen, einen Konter nutzte der TuS zum 14:15 (26.). Abt sowie Mühleisen hatten zwar die schnelle Antwort parat und eigentlich hatte der TSB in Überzahl den Vorteil auf seiner Seite. Dennoch setzten die Steißlinger zwei weitere Nadelstiche und nahmen eine 18:16-Führung mit in die Pause. „Zu Beginn der gegnerischen Angriffe standen wir ganz gut und haben kräftig dagegengehalten“, meinte Oprea zwar: „Doch mit der Zeit lassen natürlich die Kräfte nach.“
 
Verbissen kämpften die Gmünder nach dem Seitenwechsel gegen den Rückstand an. Doch auf jedes hart erkämpfte eigene Tor folgte prompt der Steißlinger Gegenschlag. Auch der Torwartwechsel fruchtete nicht wie erhofft. Sowohl Mühleisen als auch der kurzzeitig eingewechselte Devin Immer waren laut Oprea „nicht auf einem normalen Niveau, das sie auch von sich selbst erwarten.“ Bis zum 22:24 (39.) durch Linksaußen Eric Zimmermann war der TSB voll im Rennen, wurde dann aber durch eine Zeitstrafe gegen Marian Rascher zusätzlich geschwächt. Der TuS nutzte das und erhöhte auf 22:27 (41.), Torwart Tim Bammel traf aus der Distanz ins verwaiste Gmünder Gehäuse. Mit einer offensiven Deckung versuchte der TSB die Räume des starken Spielmacher Manuel Wangler einzugrenzen. „Das hat teilweise auch gut funktioniert, aber meist hat uns ein halber Schritt gefehlt“, haderte Oprea. Ohne dabei aber seinen Mannen bewusst einen Vorwurf machen zu wollen: Den verbliebenen Leistungsträger wie Stephan Mühleisen und Marian Rascher konnte er keine Erholungspausen verschaffen.
 
Ein Lichtblick war da der Auftritt der beiden 19-jährigen Eigengewächse im Rückraum. Abt sorgte mit einem Doppelschlag zum 24:27 (43.) für neue Hoffnung, Watzl brachte den TSB sogar auf 26:28 (45.) heran. „Patrick hat sich erneut auf einem guten Level präsentiert, Tom hat wichtige Impulse gesetzt und war immer gefährlich“, zollte Oprea seinen beiden Youngstern Respekt. Nach fünf Minute ohne Torerfolg war es erneut Abt, der mit dem 29:32 (54.) für frischen Auftrieb sorgte. Doch ein erneutes spektakuläres Comeback wie eine Woche zuvor gegen Birkenau (28:28) blieb dieses Mal aus. Denn irgendwann waren auch die letzten Energiereserven erschöpft. „Tom hat nicht nur neun Tore erzielt, sondern auch seine enorme Spielintelligenz und Dynamik eingebacht“, so Oprea: „Er macht Riesenschritte nach vorne. Er ist noch jung wird auf jeden Fall noch sehr viel lernen.“ Sicherlich auch aus der bitteren Niederlage in Steißlingen, die drei Minuten vor Schluss beim 30:35 (57.) durch das zwölfte Tor des überragenden Matthias Biedermann besiegelt war.
 
Zumindest in der Tabelle ist der Rückschlag für den TSB spürbar. Der Abstand zu den Aufstiegsrängen ist auf fünf Punkte angewachsen, gleichzeitig hat der HC Neuenbürg den TSB vom fünften Tabellenplatz verdrängt, allerdings auch ein Spiel mehr absolviert. „Klar, wir hätten nochmals Boden gut machen können“, meint Oprea, will das aber nicht überbewerten: „Wir schauen weiterhin nur auf uns, auf unsere Punkte und die Punkte, die wir noch holen können.“ Die erste Niederlage nach zuvor sieben ungeschlagenen Spielen sogar zwar für „eine Nacht Verärgerung, aber spätestens ab Montag spielt das keine Rolle mehr. Denn wir wissen, dass eine ganz interessante Woche auf uns zukommt.“
 
Gegen den Tabellenachten HSG Konstanz (Freitag, 20:30 Uhr) und das Schlusslicht SV Fellbach (Sonntag, 17 Uhr) erwartet die Gmünder ein „Heimspiel-Doppelpack“ in der Großen Sporthalle. „Das wird eine ganz große Herausforderung“, betont Oprea angesichts der anhaltenden Verletzungsmisere. Der TSB muss sich in der Abwehr dringend steigern. Doch damit das klappt, baut Oprea auf die Rückkehr einiger Spieler: „Dass die Personalsituation so ein großes Fragezeichen darstellt, ist für mich als Trainer natürlich nicht zufriedenstellend. Doch die Gesundheit geht vor und wir werden nichts riskieren.“
 
TuS: Erik Seeger, Tim Bammel (1) – Matthias Biedermann (12), Manuel Wangler (8), Florian Wangler (6), Fabian Maier (3), Maurice Wildöer (2), Daniel Weber (1), Marvin Storz (1), Philipp Klotz (1), Manuel Hohlwegler (1), Tim Faeser (1), Manuel Müller, Daniel Hipp, Kirill Glock, Claudio Gattinger
TSB: Daniel Mühleisen, Devin Immer – Tom Abt (9), Patrick Watzl (7), Marian Rascher (5), Stephan Mühleisen (5), Eric Zimmermann (2), Nicola Rascher (2), Wolfgang Bächle (2), Arian Pleißner, Sven Petersen, Kai Kiesel
Siebenmeter: TuS 7/4 – TSB 2/2
Zeitstrafen: TuS 10 Minuten – TSB 8 Minuten
Rote Karte: Nicola Rascher (TSB/18./Schlag ins Gesicht)
Schiedsrichter: Alexander Kraft, Steffen Reick (SV Langensteinbach)
Zuschauer: 300
 
(Text: Nico Schoch – Bilder: Axel Pleißner)