TSB Gmünd verliert völlig unnötig und ist „selber schuld“

Handball, Oberliga: Ein Leistungsknick in der Schlussphase kostet den TSB Gmünd abermals wertvolle Punkte in der Abstiegsrunde. Bei der 30:32 (18:15) – Niederlage gegen den favorisierten Gruppenzweiten TV Germania Großsachsen hatten die „Jets“ bis zur 55.Minute auf der Siegerstraße gelegen.

 

Nichts für schwache Nerven ist der laufende Abstiegskampf beim TSB Gmünd. Vor zwei Wochen hatten die „Jets“ einen Rückstand in den Last-Minute-Sieg gegen Söflingen umgedreht, am Sonntagabend ereilte sie nun das umgekehrte Schicksal. Eine halbe Stunde lang, von der 27. bis zur 57.Minuten lag der TSB gegen die besser platzierten aus Großsachsen vorne. Doch ein 2:6-Negativlauf führte zur 30:32-Niederlage, die sich aus Gmünder Sicht extrem bitter anfühlte und einfach nur eines war: Vollkommen unnötig.

 

„Wir sind selber schuld“, haderte TSB-Trainer Michael Stettner mit dem späten Einbruch und der erneut mangelhaften Chancenverwertung. Während sein Gegenüber Stefan Pohl sich selbst nicht so recht erklären konnte, warum sein Team mit zwei Punkten im Gepäck an die Bergstraße heimkehrte. Der Gruppenzweite hatte zwar nach einer nervös geführten Anfangsphase – vom 1:1 (1.) bis zum 7:7 (14.) verlief alles ausgeglichen – zunächst die Initiative ergriffen. Per Tempo-Gegenstoß stellte Johannes Kadel auf 8:11 (17.). Auch gegen die Großsachsener Rückraumachse fand der TSB anfangs keine Mittel und so wuchs der Rückstand sogar auf vier Tore an. Genauso viele Abpraller waren es, bei denen die Gmünder Abwehr nicht aufmerksam genug war und der eigentlich gut aufgelegte Keeper Tobias Klemm trotz vorheriger Parade hinter sich greifen musste.

 

„Es hat eine Weile gedauert, bis unsere Emotionalität und Aggressivität gefunden haben“, findet Stettner. Als sich Andreas Maier willensstark durchsetzte und auf 10:13 (21.) verkürzte, war der Schalter umgelegt. Zeitgleich rückte Daniel Mühleisen zwischen die Pfosten, der mit seinen Paraden das Momentum auf Seiten der Hausherren zog. In Überzahl traf Kai Schäffner zweimal nacheinander und machte mit dem 15:15 (28.) seinen Hattrick perfekt. Die Gäste leisteten sich viele Ballverluste, die letzten Minuten vor der Pause gehörten alleine den schwungvollen Jets. Kapitän Nicola Rascher ging treffsicher voran wie auch Ivo Dragicevic. Der Linksaußen veredelte einen von Stephan Mühleisen eingeleiteten Ballgewinn artistisch zum 18:15 (30.).

 

Mit dem Rückhalt von Daniel Mühleisen, der nach Wiederanpfiff scheinbar locker einen Strafwurf von Simon Spilger herauspflückte, stand auch die Gmünder Hintermannschaft sicher. Abwehrchef Andreas Maier konnte sich sogar in Torwartmanier auszeichnen, als er einen aufs leere Tor fliegenden Wurf im Tiefflug entscheidend ablenkte. Doch obwohl die spielstarken Aktivposten Schäffner und Tom Abt auf 24:20 (44.) erhöhten, verlor der TSB die Selbstsicherheit. Patrick Watzl ließ eine Konterchance ungenutzt, Gästekeeper Moritz Mangold stellte mit seinem bereits zweiten Treffer aus der Distanz wieder den Anschluss her. Zwar machte Watzl seinen Patzer mit einem Doppelschlag zum 26:23 (48.) sofort wieder gut, doch die sich häufenden Fehlwürfe sollten den Gmündern wie schon oft in dieser Saison das Genick brechen.

 

Von der Seitenlinie machte Stettner indes ein ungeliebtes, aber bekanntes Muster aus: „Uns passiert es viel zu oft, dass wir nach einigen schlechten Angriffen auch in der Abwehr aus unserem System herausbrechen und von unseren Regeln abweichen. Wir waren alles andere als diszipliniert.“ Mit insgesamt neun Toren hielt Jonas Schneider die Hoffnungen der Gäste am Leben. Der Versuch, den Großsachsener Spielmacher per Manndeckung zu isolieren, floppte. „Das nehme ich auf meine Kappe“ gesteht Stettner selbstkritisch. Machtlos raufte er sich die Haare, als Kreisläufer Jonas Waldenmaier völlig frei nur den Pfosten traf. Auf der Gegenseite hatte Florian König das gleiche Pech, wurde dabei jedoch von Watzl gestoßen und holte den nächsten Siebenmeter heraus. Dieses Mal blieb Spilger cool und überwand Mühleisen zum 28:28 (56.).

 

Nicola Rascher warf die Jets noch ein letztes Mal in Front, doch die richtigen Ideen fehlten dem Rückraumstrategen und seinen Nebenleuten in den letzten viereinhalb Minuten. „Harakiri“, nennt der Trainer die überhasteten Angriffe in den letzten viereinhalb Minuten. Direkt nach Raschers achtem Tor luchste Stefan Scholz den Großsachsenern die Kugel ab und vertändelte sie umgehend wieder, anstatt aufs Tor zu marschieren. Rascher umging mit zwei Schlagwürfen zwar den gegnerischen Block, verfehlte aber auch das Tor. Einzig Waldenmaier traf 40 Sekunden vor Schluss noch einmal zum 30:31, doch da war Großsachsenen mit ruhigen und erfolgreichen Anspielen längst der Umschwung gelungen. Gegen eine offene Gmünder Deckung brauchte Alexander Leibnitz dann nur noch alleine durchzumarschieren, um mit dem 30:32 den Deckel drauf zu machen.

 

„Wir hatten den richtigen Matchplan und ihn lange Zeit richtig umgesetzt“, versuchte Stettner die Enttäuschung in Worte zu Fassen: „Am Ende haben wir den Sieg einfach hergeschenkt. Da brauchen wir nicht zu Jammern oder nach Ausreden zu suchen. Wir sind einfach nur selber schuld.“ Besonders ärgerlich für den TSB, der bereits in der Vorwoche beim Gruppenersten TSV Blaustein trotz Sechs Tore-Vorsprung mit 30:34 den Kürzeren gezogen hatte. Anstatt sich in der Abstiegsrunde vorzeitig in Sicherheit zu bringen, schrumpft der Vorsprung zur Gefahrenzone durch Schutterwalds 22:21-Sieg gegen den TSV Deizisau auf nur noch zwei Punkte zusammen.

 

Beim immer noch sieglosen Vorletzten in Deizisau steht den Gmündern am kommenden Sonntag (17 Uhr) nun eine absolute Pflichtaufgabe bevor. „Da zählt für uns nur ein Sieg“, redet Stettner gar nicht erst um den heißen Brei herum. Den aufgestauten Frust gilt es nun in Energie umzuwandeln: „Jetzt kommen die Wochen der Wahrheit und ich erwarte, dass jeder Einzelne unserem Ziel alles unterordnet. Diese Bereitschaft und die Einstellung, dass wir unbedingt wollen, muss schon in der ganzen Trainingswoche zu spüren sein.“

 

TSB: Tobias Klemm, Daniel Mühleisen – Nicola Rascher (8), Kai Schäffner (6), Tom Abt (4/2), Ivo Dragicevic (3), Patrick Watzl (3), Jonas Waldenmaier (3), Andreas Maier (3), Stephan Mühleisen, Philipp Schwenk, Stefan Scholz, Jonas Schwenk, Vincent Pick

TVG: Moritz Mangold (2) – Jonas Schneider (9), Alexander Leibnitz (5), Simon Spilger (4/2), Johannes Kadel (3), Dominic Seganfreddo (3), Tim Anschütz (2), Florian König (2), Niklas Thierauf (1), Yannik Reidenbach (1), Hannes Weindl, Tim Burkard, Jan Straub

Siebenmeter: TSB 2/2 – TVG 3/2

Zeitstrafen: TSB 10 Minuten – TVG 6 Minuten

Schiedsrichter: André Geiss (Rhein-Neckar Löwen), Matthias Schwarz (TV Vaihingen/Enz)

Zuschauer: 400

 

(Nico Schoch)