"Da ging ein Ruck durch den Verein" - Rudi Rascher im Interview zu seiner Vertragsverlängerung beim TSB 2

Für den TSB Gmünd ist er viel mehr als „nur“ Trainer der zweiten Mannschaft: Vielmehr verfolgt Andreas „Rudi“ Rascher die Mission, den eigenen Nachwuchs sukzessive in den Aktivenbereich zu integrieren und aus der „1b“, die aktuell in der Bezirksklasse antritt, ein attraktives Sprungbrett zur BW-Oberliga zu gestalten. Das „Konzept Zukunft“ ist derzeit zwar ins Stocken geraten – bekanntermaßen nicht aus sportlichen Gründen, sondern wegen der Corona-Pandemie. Doch ebenso wie Oberliga-Chefcoach Dragoș Oprea hat inzwischen auch Rascher für ein weiteres Jahr beim TSB zugesagt. Zu Jahresbeginn hat sich Nico Schoch deshalb ausführlich mit dem B-Lizenzinhaber unterhalten. Der 52-Jährige spricht dabei über die ersten kleinen Erfolge des eingeschlagenen Weges und das Potenzial im Unterbau. Auch dazu, wie mit der seit nunmehr zwei Monaten unterbrochenen Saison fortgefahren werden sollte, besitzt Rascher eine klare Meinung.


Rudi, zunächst einmal ein frohes neues Jahr und Glückwunsch zur Vertragsverlängerung! Was waren die ausschlaggebenden Gründe, schon zu einem solch frühen Zeitpunkt deine Zusage für ein weiteres Jahr beim TSB zu geben?
 
Von Beginn an war mit dem Sportlichen Leiter Jürgen Rilli besprochen, dass mein Engagement mittelfristig ausgerichtet ist. Ziel ist es, unsere talentierten jungen Spieler über die Zweite Mannschaft an den Aktivenbereich heranzuführen und damit einen guten Unterbau für das Oberliga-Team zu schaffen. Dass das in nur einer Saison nicht getan ist, erst recht wenn sie schon nach drei Spielen unterbrochen wird, darin sind wir uns alle einig. Daher war für mich im vornherein klar, dass ich weitermachen werde, wenn der Verein das auch will. Ich fühle mich richtig wohl beim TSB und habe zu allen ein gutes Verhältnis, angefangen von den Hausmeistern über die Abteilungsleiter und Dodo Oprea bis hin zu den Spielern. Das sind alles Gründe, weshalb die Entscheidung für mich ganz, ganz einfach war.
 
Vor etwas mehr als einem Jahr bist du neu zum TSB gekommen. Was hat sich seitdem entwickelt? Spürst du auch diese Aufbruchstimmung, von der viele sprechen?
 
Das kann ich auf jeden Fall so unterschreiben. Das gesamte Paket mit neuen Trainern und neuen Spielern, nicht zuletzt auch was sich im Laufe der vergangenen Saison bereits entwickelt hat, passt einfach. Ich habe das Gefühl, dass da ein Ruck durch den Verein ging und wir deshalb nun diese tolle Stimmung erfahren. Das überträgt sich direkt auch auf die zweite Mannschaft. Wir sehen, dass sich hier etwas entwickelt.
 
Seit über zwei Monaten befindet sich der Handball nun allerdings im erneuten Lockdown. Wie frisch sind deine Erinnerungen an das letzte Spiel Ende Oktober noch?
 
(lacht) Die sind noch ganz frisch, weil es damals unser Sieg war! Wenn ich daran zurückdenke, würde ich gerne sofort wieder in der Halle stehen und das nächste Spiel bestreiten. Denn ich war überzeugt, dass wir eine richtig gute Serie hingelegt hätten.
 
Beim 25:18-Auswärtserfolg beim TSV Süßen sah es ganz so aus, als wäre der Knoten geplatzt. Dass vier Tage darauf die Saison unterbrochen wurde, kam für euch sicherlich zur völligen Unzeit, oder?
 
Total. Aber so denken alle anderen auch. Der Lockdown trifft uns Handballer sehr hart.
Auf welche Weise steht die Mannschaft seitdem miteinander in Kontakt und versucht sich fit zu halten, solange kein gemeinsames Training möglich ist?
 
Generell sind nun Einzelverantwortung und Einzeldisziplin gefordert. Ich habe vollstes Vertrauen zu meinen Spielern, dass jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten etwas für sich macht und eigenständig Lauf- oder Krafttraining absolviert. Zwischendurch haben wir uns in Videokonferenzen getroffen, damit wir uns wieder einmal sehen und ich auch ein Feedback bekomme, wie die Jungs drauf sind. Mehr geht aktuell eben nicht.
 
Wie zufrieden bist du mit den bisherigen Resultaten? Nach den knappen Niederlagen in Aalen (21:24) und Giengen (20:24) glückte, wie bereits angesprochen, auswärts in Süßen (25:18) im dritten Anlauf endlich der erste Sieg.
 
Das Hauptziel war ja zunächst, dass wir zueinanderfinden und eine Basis schaffen. Ich denke, das ist uns gelungen. In den ersten beiden Spielen war mehr drin, auch wenn ich Aalen ganz vorne erwarte. In Giengen war ich enttäuscht aufgrund unserer ganz schwachen Wurfquote. Da haben wir kopflos gespielt, ohne die richtige Einstellung. Ich habe eine Reaktion erwartet – und die kam in Süßen. Die Abwehr mit unseren ganzen erfahrenen Spielern ist bombastisch gestanden, das war ein tolles Miteinander. Besonders wichtig für mich zu sehen war, dass die jungen Spieler einen Schritt nach vorne gemacht und aus ihren eigenen Erfahrungen gelernt haben. Der A-Jugendliche Hannes Kauderer war zum ersten Mal mit dabei und hat ein sehr gutes Spiel gezeigt. Ebenso wie Arian Pleißner, der bei seinem Debüt eine Woche zuvor trotz guten Ansätzen noch ein wenig glücklos war und fünfmal nacheinander den Pfosten getroffen hat.

Welche Stolpersteine sind euch abseits der Ligaspiele bislang begegnet?
 
Die Trainingsgestaltung war anfangs schwierig. Dass regelmäßig 20 bis 25 Leute ins Training kommen, ist Vor- und Nachteil gleichermaßen. Da wird es natürlich knifflig, dem ein oder anderen individuell etwas beizubringen. Am Ende muss der Trainer dann auch entscheiden, wer spielt und wer nicht. Dass der ein oder andere einmal enttäuscht ist, ist dann auch nur verständlich. Doch darin bestand zu keiner Zeit ein ernsthaftes Problem und ich denke, wir haben inzwischen einen ganz guten Mittelweg gefunden. Wenn man offen und ehrlich mit den Spielern umgeht, verstehen sie das dann auch.
In welcher Hinsicht warst du positiv überrascht von deiner neuen Mannschaft?
 
Wie sowohl die gestandenen Spieler als auch die Jugendlichen von Anfang an mitgezogen haben, war wirklich hervorragend. Alle haben richtig Bock zu trainieren, so macht es mir als Trainer ebenfalls Spaß. Auch wie gerne die älteren Spieler die Jungen aufnehmen, ist nicht selbstverständlich. Die Gemeinschaft stimmt. Genau das ist auch auf den gesamten Verein zu übertragen. Wir als Zweite Mannschaft sind da ein Spiegelbild des TSB.
 
Du selbst sitzt beim TSB an der wichtigen Schnittstelle zwischen den Aktiven und der Jugend und bist fast überall eingebunden. Wie siehst du deine Rolle und das Potenzial im Nachwuchsbereich?
 
Ich sehe mich nicht nur als reiner Trainer der Zweiten Mannschaft, sondern als jemanden, der die Verbindung herstellt. Von der Jugend bis zur Ersten Mannschaft kenne ich alle Spieler. Ganz arg wichtig ist mir das positive Feedback meiner Trainerkollegen, allen voran von Aaron Fröhlich. Er trainiert die A-Jugendlichen schon seit einigen Jahren, hat sie gut ausgebildet und nach vorne gebracht. Dass diese Jungs nun auch gerne in mein Training kommen und dazulernen, motiviert mich ungemein.
 
Wie lautet deine persönliche Prognose: Wird die Saison 2020/21 überhaupt noch fortgesetzt?
 
Ich glaube nicht, dass die Runde weitergeführt wird. Die Zweite Mannschaft wird in dieser Saison ganz sicherlich nicht mehr spielen und auch in der Oberliga kann ich mir das nicht vorstellen. Wenn es soweit kommen sollte, wäre das dennoch enorm schade für die Motivation und unsere gesamte Zielsetzung. Nicht nur die Entwicklung eines ganzen Jahres geht verloren. Viele Vereine kämpfen damit, dass in dieser langen Zeit ohne Sport eventuell Spieler abspringen und ganz aufhören. Das ist eine gefährliche Situation.
Warum macht eine Fortsetzung, beispielsweise in Form einer verkürzten Runde, für dich keinen Sinn?
 
Wir können nicht von heute auf morgen wieder loslegen. Läuft alles gut und wir dürfen eventuell schon im Februar wieder trainieren, dann braucht es auf alle Fälle ein paar Wochen Vorbereitungszeit. Alles andere würde die Verletzungsgefahr viel zu sehr erhöhen. Wenn man ganz positiv denkt, dann kann frühestens im März wieder gespielt werden, eher sogar später. Ich denke, dass niemand bis Juli spielen möchte. Dann sollten wir uns lieber auf die nächste Runde vorbereiten.
 
In diesem Fall würde euer geplantes „Übergangsjahr“ wegfallen. Doch unabhängig davon dürfte die Zweite Mannschaft mit den zahlreichen A-Jugendlichen aus dem Jahrgang 2002 künftig deutlich schlagkräftiger aufgestellt sein als bislang, oder?
 
Das hoffe ich natürlich. Doch es bleibt ein großes Fragezeichen, wo wir denn wirklich stehen. Eigentlich wollte ich in dieser Saison die Gegner und das Spielniveau der Liga kennenlernen. Auch um zu erkennen, wo wir uns verstärken müssen, um erfolgreich zu sein. Das fängt, sobald es denn wieder los geht, von neuem an. Doch ich gehe positiv an die Sache heran. Mit unserer Truppe lässt sich wirklich etwas bewegen, wie unser letztes Spiel gezeigt hat. In Süßen zu gewinnen, wo der TSB bislang meist schlecht ausgesehen hat, war ein erstes Ausrufezeichen.
 
Wie weit sind die Planungen bereits vorangeschritten?
 
Die bisherigen Gespräche sind durchweg positiv verlaufen. Generell hat niemand gesagt, dass er gehen will. Nur der Verbleib von ein oder zwei Spielern ist wegen deren Ausbildung bzw. Studium noch fraglich, auch der Großteil unserer älteren Spieler macht weiter. Die ersten Weichen sind gestellt, angefangen beim Trainerteam. Der TSB befindet sich damit auf einem guten Weg.
 
Wie lauten denn die künftigen Ambitionen? Dass die Zweite Mannschaft eines Oberligisten nicht ewig in der Bezirksklasse antreten will, daraus macht ja niemand einen Hehl...
 
Ganz klar, unser Blick richtet sich nach oben. Aber Stand jetzt, wo ich noch nicht sicher weiß wie der Kader künftig aussieht, werde ich sicher nicht vom Aufstieg reden. Dennoch ist unsere Zielsetzung eindeutig. Wir möchten einen attraktiven Unterbau schaffen. Dieser definiert sich nicht nur durch ein attraktives Training und eine gute Beteiligung, sondern auch über die Spielklasse. Auf Dauer wollen wir die Bezirks- oder Landesliga erreichen. Die Grundlage dafür wollen wir nun schaffen, den Prozess haben wir begonnen.
 
Vielen Dank für das Gespräch, Rudi – weiterhin viel Erfolg & Spaß beim TSB und bleib vor allem gesund!
Das Interview führte Nico Schoch.