Beeindruckende Frühfrom der jungen Rasselbande: „Vollkommen egal, wer auf welcher Position spielt“

Mit diesem Resultat war nicht zu rechnen: Nach gerade einmal zwei Wochen Hallentraining trat der TSB Gmünd mit einem Kader, der ein Durchschnittsalter von nur 20,4 Jahren hatte, die Fahrt zum ersten Testspiel an. Besonders in der ersten Halbzeit überrannte die extrem verjüngte Gmünder Mannschaft den Drittligisten TSV Blaustein und verdiente sich einen 34:29 (20:11) – Erfolg.

Erstmals nach neun Monaten Corona-Zwangspause durften die „Jets“ wieder einmal Wettkampfpraxis sammeln – von Nervosität jedoch keine Spur. Stattdessen überwogen am Donnerstagabend ein begeisternder Spielwitz und der hervorragende Teamgeist. Während mit Sebastian Fabian (angeschlagen), Christian Waibel (Fingerverletzung), Wolfgang Bächle (Urlaub) sowie Stephan Mühleisen und Jonas Waldenmaier (studiumsbedingt) fünf Stammkräfte fehlten, sprangen die Nachwuchsspieler in die Bresche. Neun von 14 Spielern im TSB-Aufgebot zählten in der vergangenen oder aktuellen Saison zur A-Jugend und somit bot Trainer Dragoș Oprea ein Team auf, dessen Durchschnittsalter auf gerade einmal 20,4 Jahre gesunken war. Ein erster Fingerzeig darauf, in welche Richtung sich der TSB entwickelt.
„Es macht großen Spaß, mit diesen Jungs zusammenzuspielen“, bekannte Kapitän Aaron Fröhlich, mit seinen 30 Jahren der mit Abstand älteste Gmünder auf dem Feld. Den überwiegenden Teil der jungen Mitspieler hatte er selbst als Nachwuchstrainer ab der D-Jugend unter seine Fittiche genommen: „Der ein oder andere ist in der Spitze sogar schon besser als die erfahrenen Spieler. Gleichzeitig merkt man auch, dass die Konstanz besser wird und weniger Fehler gemacht werden. Genau darauf wird es ankommen. Wir müssen die Jungs weiter verbessern und auf ein konstant hohes Level bringen, um in der neuen Saison eine gute Rolle spielen zu können.“
Angeführt von ihrem Leitwolf stürmte die „junge Rasselbande“ in Blaustein zu einem Start-Ziel-Sieg, der besonders in dieser Souveränität verblüffte. Tom Abt und Eric Zimmermann, der Neuzugang auf Linksaußen, erzielten die ersten beiden Treffer. Die offensive Abwehrformation entnervte Blaustein mit zunehmender Zeit immer mehr. Für weitere Extra-Momente sorgte ein glänzend aufgelegter Tormann Daniel Mühleisen. Die personellen Engpässe boten derweil ungeahnte Perspektiven: Der etatmäßige Halbrechte Patrick Watzl vertrat Bächle auf der Rechtsaußen-Position. Am Kreis wechselten sich Nicola Rascher sowie Fröhlich ab, der Kapitän traf sehenswert per Dreher zum 12:7 (15.).
 
Von einem Klassenunterschied zwischen Dritt- und Oberligist war nichts zu sehen – ganz im Gegenteil sogar. In einer Partie auf hohem Niveau setzte sich der TSB mit einem 4:0-Lauf auf 14:7 (19.) ab, zog kurz darauf sogar von 15:9 auf 18:9 (26.) davon. Das von Oprea forcierte Tempospiel funktionierte glänzend. Immer wieder schalteten die TSBler schnell um und erzielten aus ihrer aggressiven Abwehr heraus einfache Tore. Direkt vor der Pause nutzte Hannes Kauderer einen weiteren Gegenstoß zum 20.Gästetreffer.
Den deutlichen Vorsprung behauptete der TSB nach dem Seitenwechsel. Noch dazu in einer Art und Weise, die brutal abgezockt wirkte angesichts dem blutjungen Alter der Oprea-Truppe. „Die Leistung und das Auftreten der Mannschaft war mir wichtiger als das Ergebnis. Alles, was wir uns im Training erarbeitet haben, haben wir auch hervorragend umgesetzt“, freute sich der Trainer, der im zweiten Durchgang allen seinen Akteuren Einsatzminuten schenkte. Ein Qualitätsabfall machte sich trotz der zahlreichen Wechsel nicht bemerkbar. Zwischen den Pfosten wusste Devin Immer zu überzeugen und setzte seinem Debüt sogar noch ein Sahnehäubchen auf: Beim Stand von 26:21 (46.) parierte der erst 18-jährige Schlussmann zuerst den Siebenmeter und dann auch den Nachwurf von Patrick Rapp. Obwohl die Partie nun ausgeglichener und teils hektischer verlief, fand Blaustein nie so richtig ins Spiel hinein. Näher als auf fünf Tore ließ ein souverän auftretender TSB seinen klassenhöheren Kontrahenten nie herankommen. Fröhlich, mit neun Toren bester Schütze, setzte den Schlusspunkt zum 34:29 (60.).
 
Dieser Auftakt lässt sich sehen. Kein Wunder, dass auch Jürgen Rilli schon jetzt Lust auf mehr verspürt. „Es ist beinahe schade, dass wir bald Pause haben“, meinte der Sportliche Leiter im Hinblick auf die bevorstehende, zweiwöchige Trainingspause, in der die Spieler einen individuellen Plan abarbeiten werden: „Die Jungs haben bislang richtig gut gearbeitet und brauchen diese zwei Wochen für eine kleine Verschnaufpause, bevor es in die Detailphase geht.“
Am 19.August (20 Uhr) steht beim TV Plochingen das nächste Kräftemessen mit einem Drittligisten auf dem Programm. Vom 26.-29.August weilt das Oprea-Team dann für vier Tage im Trainingslager in Freudenstadt, bevor am 19.September (17 Uhr) mit dem Heimspiel gegen den TSV Heiningen der Startschuss für die neue Oberliga-Saison ertönt.
 
Der überzeugende Auftritt der jungen Rasselbande in Blaustein dürfte jedenfalls ein erster Wink für eine erfolgreiche TSB-Zukunft gewesen sein. „Wir haben gemeinsam noch viel vor“, kündigt Oprea selbstbewusst an.
 
TSV: Yannik Ruhland (1), Felix Jaumann – Philipp Frey (7/1), Jan-Marco Behr (3), Devin Ugur (3), Louis Dück (3), Jannik Staiger (3), Patrick Rapp (3), Christoph Spiß (2), Steffen Spiß (2), Marco Hellmann (1), Jochen Fuchs (1), Hannes Baur, Paul Müller, Krisztian Galli
TSB: Daniel Mühleisen (1.-30.Minute), Devin Immer (31.-60.) – Aaron Fröhlich (9/3), Tom Abt (5), Sven Petersen (5), Nicola Rascher (5), Marian Rascher (3), Eric Zimmermann (3), Hannes Kauderer (2), Patrick Watzl (1), Arian Pleißner (1), Valentin Pick, Kai Kiesel, Jonas Schwenk
Spielfilm: 0:2, 2:2, 4:8, 7:10, 7:14, 9:15, 9:18, 11:20 (HZ), 13:23, 18:25, 22:30, 25:30, 27:31, 29:34 (60.)
 
„Vollkommen egal, wer auf welcher Position spielt“ – Stimmen zum Spiel
Dragoș Oprea, TSB-Trainer: „Wir sind in allen Bereichen einen Schritt nach vorne gekommen, hauptsächlich in unserem Abwehrverhalten und im Tempospiel. Wenn die Leistung und die Einstellung stimmen, dann kommen die Siege ganz automatisch. Auch wenn wir uns davon nichts kaufen können, gibt es Mut und Kraft, gegen eine höherklassige Mannschaft zu gewinnen. Wir haben gemeinsam noch viel vor.“
 
Jürgen Rilli, Sportlicher Leiter: „Es hat einen Wahnsinnsspaß gemacht, den Jungs zuzuschauen. Mit dieser Leidenschaft und dieser Freude, die sie auf die Platte gebracht haben, ist es vollkommen egal, wer auf welcher Position spielt. Das zeichnet die Mannschaft aus. Die Stimmung ist super und das merkt man auf dem Spielfeld. Obwohl wir erst ganz wenige Trainingseinheiten in der Halle hatten, haben wir die taktischen Vorgaben des Trainers nochmals präzisiert.“
 
Jan-Marco Behr, Spielertrainer TSV Blaustein: „Mit der offensiven Gmünder Abwehr hatten wir große Probleme. Deshalb war der TSB ein mehr als würdiger Gegner und dieses erste Testspiel für uns ein gutes Stück zum Üben. In der Abwehr haben wir zu wenig Zugriff auf Aaron Fröhlich gefunden und uns im Angriff alleine in der ersten Halbzeit zehn technische Fehler geleistet, was dann zehn Gegenstoß-Tore bedeutete. Das ist natürlich viel zu viel.“
 
Eric Zimmermann, TSB-Neuzugang: „Wir haben sehr hart trainiert und es war mir klar, dass jeder Einzelne 110 Prozent geben würde. Aber dass es so gut läuft wie in der ersten Hälfte, hätte ich ehrlich gesagt nicht erwartet. Doch wir haben in jedem Angriff alles gegeben und unseren Vorsprung deshalb schnell ausgebaut. Ich selbst habe mich bei meinem Debüt sehr gut gefühlt und gefreut, dass ich drei Tore für das Team beisteuern konnte. Dieser Sieg macht natürlich Spaß und motiviert uns ungemein für die kommenden Wochen.“
 
Aaron Fröhlich, TSB-Kapitän: „Insgesamt können wir mit diesem Spiel zufrieden sein. Wir haben die anstrengenden Bedingungen in der schwülen Halle zu Beginn besser angenommen als der Gegner, sind schnell nach vorne gekommen und haben im Angriff immer gute Lösungen gefunden. In der zweiten Halbzeit sind wir offensiv ein bisschen ins Stocken geraten. Da hat man gemerkt, dass wir die Überzahl- und Unterzahlsituationen noch nicht trainiert haben, aber auch dass Blaustein ein guter Gegner ist, der ordentlich Druck ausüben kann.“
(Text und Bilder: Nico Schoch)