
Das baden-württembergische Oberhaus ist seit Samstagabend um eine Kuriosität reicher: Nach 25 Siegen in Folge hatte die SG Köndringen/Teningen bereits die vorzeitige Aufstiegsfeier mit unbegrenztem Freibier vorbereitet, verlor dann aber völlig überraschend mit 39:42 gegen den VfL Waiblingen. Als dann auch noch die Kunde vom 34:32-Sieg des TSB Gmünd in Heiningen durchsickerte, wurden die Zapfhähne schnell wieder verschlossen. Das Rennen um die beiden Aufstiegsränge bleibt für die letzten drei Spieltage offen, weil der TSB (46:8 Punkte) seinem kommenden Gegner TV Bittenfeld II (49:5) und der SG Köndringen/Teningen (50:2) dicht auf den Fersen bleibt.
Keine Kuriosität, aber zumindest eine Seltenheit sind Gmünder Derbysiege in Heiningen. Erstmals seit 17 Jahren hat der TSB wieder beide Lokalschlager in einer Saison für sich entschieden. „Nicht unser primäres Ziel“, wie Trainer Aaron Fröhlich zwar sagt: „Doch wir wollen das Maximale herausholen. Gerade gegenüber einer starken Mannschaft wie Heiningen, die uns in den letzten Jahren etwas voraus hatte.“ Nun bestätigten die Jets nicht nur ihre steile Entwicklung, sondern auch den Machtwechsel im Stauferland. In der bis auf den letzten Platz besetzten Voralbhalle ließen sich die Fröhlich-Jungs nicht den Hauch einer Nervosität anmerken, sie behielten auch in hitzigen Situationen einen kühlen Kopf.
Auch ein Rückstand bringt den TSB nicht aus der Ruhe
Obwohl es im gesamten Spiel nur fünf Zeitstrafen gab, ging es von Anfang an kräftig zur Sache. Und es zeigte sich wieder einmal, dass Derbys ihre eigenen Gesetze haben. Durch schöne Einzelaktionen von Stefan Scholz und Kai Schäffner legte der TSB zwar ein 5:3 (7.) vor, geriet aber prompt ins Hintertreffen. Als die Heininger „Staren“ dann sogar auf 9:11 (16.) drehten, witterten die Heimfans eine Sensation. Den kraftvollen Rückraumwürfen von Felix Kohnle (8 Tore) und Tassilo Neudeck (5) stand der TSB zunächst viel zu passiv entgegen. Nichtsdestotrotz blieb Aaron Fröhlich gelassen, verzichtete auf eine Auszeit und vertraute stattdessen auf die Qualitäten seiner Jungs: „Uns kommt einfach zu Gute, dass alle wissen, was in jeder Phase zu tun ist. Da gibt es keine Fragezeichen, da kommt keine Hektik auf. Natürlich haben wir auch die Charaktere, die dem Druck sehr gut standhalten und immer performen können.“
Charaktere wie der smarte Linksaußen Niklas Burtsche, der eine fehlerfreie Leistung bot und die Jets noch vor dem Seitenwechsel auf die Siegerstraße warf. Oder der starke Rückhalt Daniel Mühleisen, der sich nicht nur mit Paraden auszeichnete, sondern mit vier eigenen Toren aus der Distanz einen persönlichen Rekord aufstellte. Als das Gmünder Rückraumspiel feststeckte, da kam der lange verletzte Arian Pleißner aufs Feld und erzielte ein blitzsauberes Tor zum 15:13 (24.). Kurz nach dem Seitenwechsel führte der TSB dann erstmals mit fünf Toren, doch entschieden war noch lange nichts. „Wir sind nicht euphorisch über unsere Angriffsleistung“, legte Fröhlich den Finger in die Wunde: „Wir hatten so unsere Probleme, aus dem Rückruam die richtige Wurfposition zu finden und die auch zu vollstrecken. Es kann aber eben auch passieren, dass man individuell nicht seinen besten Tag und eine gegnerische Mannschaft das phasenweise besser macht.“
Das leere Tor immer wieder bestraft
Das Derby hätte kippen können, weil sich der TSB kurzzeitig schwer tat und nach dem 20:15 (32.) relativ zügig den 21:21-Ausgleich (37.) einhandelte. Heiningen glaubte wieder an sich und spielte konsequent mit einem siebten Feldspieler. Die Gmünder Abwehr um Stephan Mühleisen und Andreas Maier hatte damit zu kämpfen, setzte aber die entscheidenden Nadelstiche. Zweimal Burtsche und zwei weitere Male Daniel Mühleisen bestraften die Heininger dafür, dass sie ihr Tor leer stehen ließen. Beim 25:21 (40.) hatte der TSB die Kontrolle wieder an sich gerissen. Der Rivale tastete sich zwar nochmals auf zwei Tore heran. Doch wirkliche Zweifel sollten nicht mehr daran aufkommen, dass die Gmünder in der hitzigen Atmosphäre bestehen würden. Erst recht nicht beim siegessicheren Chefcoach: „Wir hatten das Spiel gut im Griff. Immer wenn wir es gut gemacht haben, dann konnten wir uns auch schnell wieder absetzen.“
Vom 30:28 (52.) zog der TSB entscheidend auf 33:29 (56.) davon, weil Tom Abt und Kai Schäffner aus dem Rückraum die richtigen Lösungen fanden. Dann krönte Burtsche seine nächste Gala-Vorstellung mit seinem 13. Treffer, mit nunmehr 226 Toren in der gesamten Saison hat er zugleich den bisherigen Rekord seines Trainers gebrochen. Fröhlich hatte es in seiner stärksten Runde 2015/16 aus insgesamt 224 Treffer gebracht, nun freut er sich mit seinem Linksaußen: „Ich hoffe selbst, dass die Jungs all das überflügeln, was damals erreicht wurde. Denn wir wollen die talentierten Jungs besser machen und uns insgesamt als Verein weiterentwickeln.“
Wird der TSB erneut zum Partycrasher?
Eindrucksvoller als mit diesem letztlich ungefährdeten 34:30-Auswärtssieg hätte der TSB diese Weiterentwicklung nicht bestätigen können. „Es war nicht wunderschön“, bilanzierte Fröhlich,, „aber wir müssen nicht immer alles perfekt machen und können für den Moment auch so zufrieden sein.“ Kommenden Samstag (19:30 Uhr / Große Sporthalle / Tickets vorab mit einem Klick hier auf TSB Ticketshop) erreicht die Spannung dann ihren Höhepunkt: Der TSB misst sich mit dem TV Bittenfeld II, der mit einem Sieg schon den Drittliga-Aufstieg eintüten könnte. „Wir freuen uns brutal darauf und setzen alles daran, dass die Bittenfelder ohne Feierlaune wieder heimfahren müssen“, will Fröhlich mit seinem Team erneut zum Partycrasher werden - und damit auch selbst weiter träumen.TSV Heiningen – TSB Jets 32:34 (14:18)
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TSV: Manuel Weinbuch, Talha-Emre Kalbak – Felix Kohnle (8), Moritz Fink (7/5), Tassilo Neudeck (5), Chris Zöller (4), Simon Dürner (4), Finn Krempl (2), David Schröder (1), Maximilian Mattes (1), Andreas Schaaf, Ben DemskyTSB: Daniel Mühleisen (4), Devin Immer – Niklas Burtsche (13/5), Tom Abt (5), Kai Schäffner (4), Stefan Scholz (4), Patrick Watzl (3), Arian Pleißner (1), Stephan Mühleisen, Wolfgang Bächle, Christian Waibel, Andreas Maier, Louis Waldraff, Jonathan Leichs, Jonas Waldenmaier, Jonas SchwenkSiebenmeter: TSV 5/5 – TSB 5/5Zeitstrafen: TSV 4 Minuten – TSB 6 MinutenSchiedsrichter: André Geiss (Rhein-Neckar Löwen), Markus Kolb (Post Südstadt Karlsruhe)Zuschauer: 450(Text und Archivbilder: Nicolas Schoch)